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DIE UNVERGESSENE RADIO-STATION: RIAS BERLIN – Die große Dokumentation von Peter Glowasz …
Die Geschichte des RIAS Berlin – Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Sender – 1. Teil: Wie alles anfing …

Das berühmte LOGO des Senders

Im ersten Kapitel der Geschichte des RIAS Berlin möchte ich über die Baugeschichte des ehemaligen RIAS-Funkhauses berichten. Dazu zitiere ich Herrn Dr. Worbs vom Landesdenkmalamt Berlin, der die Baugeschichte des Berliner Funkhauses recherschiert hat. Sein Fazit: Das RIAS-Funkhaus ist kein NS-Bau, sondern ein „hervorragendes Dokument der jüngeren Zeitgeschichte“.

Dr. Worbs: „Das ehemalige Verwaltungsgebäude an der Kufsteiner Straße 69, das spätere RIAS-Funkhaus, das heutige Haus des DeutschlandRadio, wurde 1938-41 nach den Plänen des Architekten Walter Borchard (1887-1948) für die Bayerischen Stickstoffwerke AG erbaut. Die 1908 gegründeten Bayerischen Stickstoffwerke AG in Berlin waren in den 30er Jahren über das Stickstoff-Syndikat GmbH in Berlin mit der I.G. Farbenindustrie AG in Frankfurt a.M. verflochten. Nach der Kapitulation wurde im Sommer 1945 das Konzernvermögen der I.G. Farben von den Allierten beschlagnahmt, auch das Gebäude der Bayerischen Stickstoffwerke in Berlin.

Der Baumeister Walter Borchard wurde am 31. Dezember 1887 in Stettin geboren. Er absolvierte eine Maurerlehre, studierte 1905-07 an der Baugewerbeschule Berlin, später an der TH Charlottenburg und arbeitete 1910-11 bei Paul Mebes.

Nach längerer Tätigkeit in der Bauberatung und Kriegsdienst 1914-18 arbeitete er 1921-24 abermals bei Paul Mebes und machte sich 1925 selbständig. Walter Borchard war in den 20er Jahren und frühen 30er Jahren im Berliner Siedlungsbau erfolgreich tätig. Er starb am 1. Oktober 1948 in Berlin“, soweit Dr. Worbs.

Dietrich von Thadden, Nachrichten-Chef des RIAS, berichtet: „Schon Ende 1945 hatte das amerikanische Hauptquartier beschlossen, das kommunistische Meinungsmonopol in Berlin zu brechen. Vom 21. November 1945 datiert ein Befehl von Colonel Westerfield, in Berlin einen amerikanischen Sender zu errichten. Das war technisch schwierig: Erst wurde das Drahtfunknetz wieder aktiviert, über das die Berliner im Kriege die Luftlagemeldungen empfangen hatten. Aber im ganzen US-Sektor gab es nur 500 Drahtfunkanschlüsse und 1000 Telefonanschlüsse. Trotzdem nahm der DIAS (Drahtfunk im amarikanischen Sektor) am 7. Februar 1946 in einem ehemaligen Postgebäude in Schöneberg, Winterfeldstraße seine Sendungen auf – zunächst vom 17 bis 24 Uhr. Über zwei Langwellenfrequenzen wurde das Programm in das Drahtfunknetz eingespeist.

Als im August 1946 ein neuer Vorstoß der Westmächte scheiterte, den Berliner Rundfunk in der Masurenallee für alle vier Besatzungsmächte zu übernehmen, installierte die amerikanische Regierung einen Mittelwellensender im Ortsteil Britz, dessen Technik aus dem alten deutschen Soldatensender Belgrad und Teilen eines ausrangierten US-Senders bestand. Die Sendeleistung betrug zwar nur 800 Watt, aber aus dem ‚Drahtfunk im amerikanischen Sektor‘ (DIAS) war der ‚Rundfunk im amerikanischen Sektor‘ (RIAS) geworden, eine ‚freie Stimme der freien Welt‘.

Die Sende- und Programmaufsicht für RIAS Berlin lag beim ‚United States Information Service‘. Die ausschließlich deutschen Arbeitnehmer wurden vom US Außenministerium bezahlt und unterlagen amerikanischen Arbeitsrecht. Erst Mitte der 50er Jahre beteiligte sich die Bundesregierung an den Kosten. Die deutschen Journalisten wurden in der ersten Zeit von amerikanischen Kontrolloffizieren genau beobachtet. So mussten die Texte aller Nachrichtensendungen vor Sendebeginn vorgelegt werden. Die Sieger trauten den Besiegten zunächst keineswegs.

Im Programm von RIAS war viel Musik zu hören: Klassik, Unterhaltung und vor allem Musik, die in der Nazi-Zeit verboten war wie Jazz und Swing.

1947 wurde das RIAS-Symphonieorchester, das Kammerorchester und der Kammerchor gegründet, später das RIAS-Tanzorchester. Im Wortprogramm gab es objektive und ausgewogene Information, auch Interviews mit Ostzonen-Politikern wie Pieck und Grotewohl, aber auch ein Kinderprogramm: der berühmte Onkel Tobias fand sich erstmals am 6. Juli 1947 im Programm.

RIAS Berlin wurde bald ein Sender zum Anfassen: Während der Blockade vom Juni 1948 bis zum Mai 1949 fuhren wegen der häufigen Stromsperren zu Lautsprecherwagen umgebaute Militärautos der Amerikaner an allen wichtigen Plätzen der Westsektoren auf. Nachrichtensprecher verlasen von diesen Wagen aus die wichtigsten Nachrichten.

Am 25. Dezember 1948 war erstmals dasberühmte Kabarett ‚Die Insulaner‘ im RIAS zu hören, das bis 1964 im Programm blieb und zu einem Markenzeichen des Nachkriegsberlin und des RIAS wurde.

Ab 1948 gab es die ‚RIAS-Kaffeetafel‘ und das öffentlich tagende RIAS-Schulfunkparlament. Am 25. Dezember 1948 war erstmals die aus dem Titania-Palast im Bezirk Steglitz übertragene Kabarettsendung ‚Die Insulaner‘ im RIAS zu hören. In den 70er Jahren wurde ‚Mit RIAS in die Ferien‘ vom Platz der Republik vor dem Reichstag gesendet“.

Und im Jahr 1948 bekam RIAS Berlin sein eigenes Funkhaus … Darüber wird im 2. Teil ausführlich berichtet.

Am 6. Juli 1948 bekam RIAS Berlin sein eigenes Funkhaus in der Schöneberger Kufsteiner Straße 69 (am 2. April 1993 gab es die Umbenennung: Hans-Rosenthal-Platz).
Jürgen Graf, Reporter und Moderator der ersten Stunde beim RIAS; er arbeitete 37 Jahre beim Sender – und starb 79jährig am 20. Oktober 2007. Foto: dpa

2. Teil: DIE UNVERGESSENE RADIO-STATION- die große Dokumentation von Peter Glowasz – Die Geschichte des RIAS Berlin – 1948 bekam RIAS Berlin sein eigenes Funkhaus …

Reporter Jürgen Graf …
RIAS-Legende Hans Rosenthal vor dem Mikrofon …(Foto: RIAS Berlin).

Große Freude: am 6. Juli 1948 eröffnete RIAS Berlin das neue Funkhaus in der Kufsteiner Straße 69 in Berlin Schöneberg. Der Sender nutzte den Bau bis Ende 1993. Und seit dem 1. Januar 1994 dient das Gebäude dem DeutschlandRadio Berlin als Funkhaus.

Darüber schreibt Dr. Worbs vom Landesdenkmalamt: „Das fünfgeschossige Bürogebäude der Bayerischen Stickstoffwerke AG, erhebt sich auf einem symmetrischen, winkelförmigen Grundriß mit runder Ecke an der Fritz-Elsas- und Mettestraße am Rudolf-Wilde-Park. Das steile Satteldach folgt der runden Ecke. Das Motiv der runden Ecke von Verwaltungsgebäuden an Straßenecken gehört seit dem Nordsternhaus von Paul Mebes von 1912-14 zum Repertoire der Berliner Architektur des 20. Jahrhunderts. Walter Borchard verwendete das wirkungsvolle Motiv 1928 bei seiner Wohnanlage Puderstraße.

Die Geräumigkeit und Tiefe der Büros und die Flexibilität des Grundrisses durch die Versetzbarkeit der nichttragenden Trennwände waren für die Umnutzung des Verwaltungsgebäudes als Funkhaus 1948 wichtig: So konnten verhältnismäßig leicht Studios mit dazwischengeschalteten Kontrollräumen anstelle der Büros eingebaut werden. Das große Studio 7 wurde im früheren „Gefolgschaftsraum“ der Bayerischen Stickstoffwerke … im 4. Obergeschoß im Flügel an der Mettestraße eingerichtet … Vorbild für das runde Treppenhaus an der Hofseite war wohl die berühmte Treppe des Metallarbeiterhauses von Erich Mendelsohn von 1929-30.

Das RIAS-Funkhaus ist ein herausragendes Dokument der jüngeren Bau- und Zeitgeschichte: Es ist das Werk eines Architekten der 20er Jahre aus der NS-Zeit, das aber weitgehend von der NS-Architekturideologie unbeeinflußt geblieben ist, viel eher noch Einflüsse der frühen Moderne vor 1914 und der gemäßigten Moderne der 20er Jahre zeigt; das Gebäude war in der NS-Zeit Sitz eines Unternehmens, das eng mit den IG Farben verflochten war, das dann 1948 Funkhaus des RIAS wurde, der auf seine Weise dazu beigetragen hat, daß Berlin alle politischen Krisen von der Blockade bis zum Mauerbau und darüber hinaus überleben konnte.“, soweit Dr. Worbs zur Baugeschichte des ehemaligen RIAS-Funkhauses.

Nun zur eigentlichen unvergessenen Radio-Station: RIAS Berlin. Der Sender zog während der Blockadezeit in das durch Bomben beschädigte Bürohaus einer Tochtergesellschaft des berüchtigten Unternehmens IG Farben, das die amerikanische Besatzungsmacht beschlagnahmt und provisorisch repariert hatte.

Dazu schreibt Dietrich von Thadden: „Das Programm lief nun rund um die Uhr. Am 1. November 1949 bekam RIAS in Hof in Bayern eine zweite Sendeanlage, die das Berliner Programm, das per Kabel durch die DDR nach Hof geleitet wurde, in den Süden der DDR ausstrahlte. Im Juli 1950 wurde die Sendeleistung auf 100 Kilowatt erhöht und ab Oktober 1950 sendete RIAS auf UKW.

RIAS hat sich niemals als Propagandasender, sondern immer als ein der Wahrheit verpflichteter Nachrichtensender verstanden. Viele prominente deutsche Journalisten haben ihr Handwerk beim RIAS gelernt, wie z.B. Jürgen Graf, Peter Schulze, Egon Bahr, Klaus Harprecht, Claus Bölling, Richard Löwenthal oder Friedrich Luft.

Den Machthabern in Ostberlin war RIAS natürlich immer ein Dorn im Auge. In der DDR wurde RIAS-Hören zeitweise schwer bestraft und es gab Propagandasprüche wie: ‚Enten haben kurze Beine, RIAS hat besonders kleine‘ oder ‚Der RIAS lügt – die Wahrheit lügt‘ oder ‚Stellt Dein Nachbar RIAS ein, sag energisch: Lass‘ das sein‘ oder ‚Im RIAS kommt erst die Musik und dann die Hetze für den Krieg‘ oder ‚Am Lügengift aus RIAS‘ Munde ging mancher arme Tropf zugrunde‘.

Überall in der DDR wurden kleine, aber effektive Störsender gegen den RIAS installiert. Einer davon steht heute im Foyer am Fuße Haupttreppenhauses im RIAS Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz. Frühere DDR-Bürger hatten ihn nach der Wende entdeckt und als Erinnerungsstück ins RIAS Funkhaus gebracht. Auch die Stasi, das weiß man heute, befasste sich mit RIAS Berlin, allerdings nicht sehr intensiv. Der Umgang mit dem amerikanischen Sender RIAS war der Stasi offenbar zu heikel, so dass die Arbeit den Sowjets überlassen wurde. Viele Geheimdienstakten über den RIAS lagern daher noch heute unerschlossen in Moskau.“

John Hendrik war viele Jahre für den RIAS tätig.

3. Teil: DIE UNVERGESSENE RADIO-STATION – die große Dokumentation von Peter Glowasz – Die Geschichte des RIAS Berlin – 1950 ging es so richtig los …!

Hans Rosenthal in seiner RIAS-Sendung: „Klingendes Sonntagsrätsel“ (Foto: RIAS Berlin).


In den Jahren 1949/1951 ist bereits ein klares Programmprofil von RIAS Berlin entstanden. Darüber schreibt der frühere Indendant des RIAS, Herbert Kundler: „… In Zeitfunksendungen, Kommentaren, Berichten, Hörspielen und kulturpolitischen Sendungen rücken immer stärker Themen in den Vordergrund, die sich aus den Anomalien in und um Berlin und dem Geschehen in der sowjetischen Zone ergeben. … Doch unmittelbar als jede andere westliche Rundfunkanstalt auf deutschem Boden fand sich der RIAS hineingestellt in deren dramatischen Verlauf.“

Die Nachrichten des RIAS waren das Grundkapitel für die Rundfunkarbeit: Die Nachrichtensprecher der Anfangszeit waren Gerhard Heydebreck, Rudolf Günther Wagner, Wolfgang Behrendt, Eberhard Matusch, Heinz Petruo; sie alle wurden zu RIAS-Sprecher-Legenden.

Die Unterhaltung beim RIAS Berlin kam überhaupt nicht zu kurz. Im Gegenteil. Heute kann man sagen: RIAS Berlin hatte sein bestes Unterhaltungs-Programm. Das gab’s nur einmal – und wird nie wieder kommen!

„Am 30. April 1949 geht im Theater am Kurfürstendamm der Vorhang auf für eine kabarettistische Revue von Rudolf Nelson und Günter Neumann: ‚Berlin – W Weh …“, so schreibt Herbert Kundler. Und weiter: „Dreißig ausverkaufte Vorstellungen belohnen Rudolf Nelsons Comeback. … Das im Blockadewinter 48/49 gegründete Funkkabarett ‚Günter Neumann und seine Insulaner‘ wird inzwischen als Bühnenaufzeichnung aus dem ‚Theater am Kurfürstendamm‘ gesendet; am 25. Dezember 1948 erblickte diese Sendung das Licht der Welt. Viele Texte müssen vom Blatt vorgetragen werden, weil der Autor und Komponist Günter Neumann, von Olaf Bienert am Flügel begleitet, so aktuell sein will, daß Teile des Produktionsmanuskriptes erst unmittelbar vor der Aufführung in die Hände der Schauspieler gelangen.“

Ständig mit dabei waren: Olaf Bienert, Jo Furtner, Ewald Wenck Ilse Trautschold, Edith Schollwer, Günter Neumann, Bruno Fritz, Agnes Windeck, Walter Gross und Tatjana Sais. Jede Vorstellung beendete das Ensemble, das sich um Neumann versammelt hatte, mit dem von ihm selbst geschriebenen Finalsong, der unnachgiebig die Blockadesituation beschreibt:

„Der Insulaner verliert die Ruhe nicht, der Insulaner liebt keen Jetue nich! Der Insulaner träumt lächelnd wunderschön, dass wieder Licht ist, und alle Züge geh’n! Der Insulaner hofft unbeirrt, dass seine Insel wieder’n schönes Festland wird!“ – Ursprünglich war die Veranstaltung nur als Kabarettsendung während der Blockade gedacht; der Erfolg war aber so gewaltig, dass der RIAS bis zum Tod Neumanns 1972 fast 150 Sendungen im Studio und in verschiedenen Theatern produzierte.

Neben dem Funkkabararett „Die Insulaner“ entstand eine Fülle weiterer Sendereihen beim RIAS Berlin: 1951 „Wo uns der Schuh drückt“ mit dem Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter, im gleichen Jahr die erste von 499 Krimifolgen „Es geschah in Berlin“, 1958: „Club 18“, Jazzmusik mit John Hendrik, 1959: die Konzertreihe „RIAS stellt vor“. Am 7. März 1965 moderierte erstmals der unvergessene Hans Rosenthal das „Klingende Sonntagsrätsel“, das später als einzige RIAS-Sendung in das Programm des DeutschlandradioKultur übernommen wurde und heute von Christian Bienert betreut wird. Natürlich gab es noch viele weitere Sendereihen des RIAS. Hier wurden zunächst nur einige erwähnt. In den nachfolgenden Teilen werde ich über weitere Sendungen berichten.

Im 4. Teil werde ich über die Anfänge des Kinderfunks und über die frühen Jahre des Hörspiels im RIAS berichten …

Die Sendung „Onkel Tobias vom RIAS“ – alias Fritz Genschow wurde im Sommer 1947 erstmals ausgestrahlt … (Foto: RIAS Berlin).

4 Teil: DIE UNVERGESSENE RADIO-STATION – die große Dokumentation von Peter Glowasz – Die Geschichte des RIAS Berlin – Die Anfänge des Kinderfunks und des Hörspiels …

Die RIAS-Legende Fritz Genschow: „Onkel Tobias vom RIAS“.
Die hübsche Tochter von Fritz Genschow, Marina Genschow, spielte in vielen Märchenfilmen ihres Vaters mit, so auch in dem Film „Schneeweißchen und Rosenrot“. Das Bild zeigt einen Filmausschnitt (Marina Genschow links im Bild); sie starb am 10. April 1987.

Sendungen für Kinder und Jugendliche standen vom ersten RIAS-Sendetag an im Programm des Senders. Schon im Herbst 1947 wurde ein Kinderchor gegründet. Als beliebteste Reihe des Kinderfunks galt über viele Jahre das Programm „Die RIAS-Kinder besuchen Onkel Tobias“. Fritz Genschow, der die Figur des „Onkel Tobias“ verkörperte, übte eine enorme Anziehungskraft aus. Diese Sendung wurde zum festen Begriff für Kinder und Erwachsene in Ost und West.

Herbert Kundler vom RIAS schreibt in seinem Buch: „Erstaunlicherweise ist kaum eine Rundfunksendung in Berlin und im gesamten Empfangsgebiet des RIAS so lange in Erinnerung geblieben wie die ‚Onkel Tobias‘-Reihe, die im Grunde genommen eine Idylle aufbaute und ein vertrauensvolles, kameradschaftliches Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Kindern und Erwachsenen in lockerer, völlig unpathetischer Form vermittelte. In Hörerumfragen wurden bis weit in die sechziger Jahre hinein immer wieder Friedrich Luft und ‚Onkel Tobias‘ als die bekanntesten Personen des RIAS-Programms benannt. Erstmals im Sommer 1947 ausgestrahlt, erhielt sie ab 1948 eine dreißigminütige Sendezeit im Sonntagsvormittagsprogramm. Pünktlich um 10.00 Uhr besuchten fünf RIAS-Kinder den ‚Onkel Tobias‘ in seiner Gartenlaube, um mit ihm zu basteln, zu rätseln oder zu singen. Er erzählte ihnen Märchen und spielte für sie Kasperletheater. Gemeinsam gingen sie auf Entdeckungsreisen, und oft versuchten die Kinder, ihren ‚Onkel Tobias‘ mit Rat und Tat zu unterstützen. Die Inszenierung erweckte bei den Hörern den Eindruck großer Unmittelbarkeit, aber es lag ihr doch ein Manuskript zu Grunde. Autor war Werner E. Hintz, der später jahrzehntelang in Zusammenarbeit mit Ivo Veit die Unterhaltungshörspiele der Reihe ‚Damals war’s‘ schrieb.

Zwanzig Jahre lang wirkte Genschow auch in der Kinderfunkreihe ‚Wir freuen uns, daß Ihr Geburtstag habt‘ mit; in dieser Zeitspanne dürfte er über 100.000 Kindern gratuliert haben. Die Reihe wurde einmal wöchentlich von 1948 bis 1968 gesendet. Der Aufbau der starken Hörerbindung an ‚Onkel Tobias‘ erwies sich auf die Dauer als nicht unproblematisch. Immer wieder wurden in Schulklassen Ostberlins, der Sowjetzone bzw. DDR Fangfragen an die Kinder gestellt: ‚Wer kennt denn Onkel Tobis?‘, um auf diese Weise festzustellen, in welchen Familien RIAS gehört wurde, was dann nicht nur zur Agitation gegen den ‚Feindsender‘, sondern auch zur Benachrichtigung der ‚interessierten‘ Dienststellen führen konnte.

Im Oktober 1950 kam Ilse Obrig mit ihrem gesamten Mitarbeiterstab und über zweihundert Kindern vom Berliner Rundfunk zum RIAS. Ihre Sendung ‚Die Sonntagskinder‘ wurde zunächst im Wechsel mit ‚Onkel Tobias‘ ausgestrahlt und erhielt dann einen eigenen Sonntagnachmittagstermin. Ebenso wie Genschow war Ilse Obrig in ihrer Arbeit mit Kindern außerordentlich engagiert. Die Sendungen wurden im ‚Klingenden Haus‘, einer alten Villa in Berlin-Wannsee, aufgenommen. 1965 erhielt Ilse Obrig die Möglichkeit, in die Masurenallee zurückzukehren und ihre Arbeit im Sender Freies Berlin fortzusetzen. Die freigewordene Sendezeit nutzte RIAS für eine neue Reihe: ‚Die RIAS-Nachmittagsvorstellung‘.

Obwohl das Fernsehen wohl keiner Programmsparte des Radios soviel Abbruch getan hat wie dem Kinderfunk, blieben Kinderfunksendungen über die Jahtzehnte hinweg ein fester Programmbestandteil des RIAS.“ Soweit Herbert Kundler.

Fritz Genschow wurde 1947 Direktor der Zehlendorfer Freilichtbühne am Waldsee, dem späteren Genschow-Stobrawa-Theater. Nach dem Tod Stobrawas gründete Genschow das Gebrüder-Grimm-Theater. 1963 erhielt er den „Gebrüder-Grimm-Preis“. Am Waldsee wurden viele Märchen der Gebrüder Grimm aufgeführt – auch produzierte Fritz Genschow zahlreiche Märchenfilme. Der berühmte Schauspieler, RIAS-Mann, Märchenerzähler und Filmproduzent starb am 21. Juni 1977; seine Grabstätte befindet sich auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof. –

Schon in den frühen Jahren des RIAS wurde das Hörspiel eingerichtet. Das gab es dann schon im Jahre 1947 – und zwar wöchentlich. Hanns Korngiebel gehörte zu den bekanntesten Hörspiel-Regisseuren; unter seiner Regie hörte man zum Beispiel: Hans Söhnker. O.E. Hasse, Elisabeth Flickenschildt, Peter Mosbacher, Edith Schneider, Berta Drews, Heinz Drache, Martin Held, Käthe Haack, Erik Ode, Helmut Käutner, Walter Frank und viele, viele andere.

Ja, und das waren die hervorragendsten Schauspieler und Sprecher, die RIAS Berlin für das Hörspiel gewinnen konnte. Bedauerlicherweise sind bereits all diese großen Künstler verstorben. Einen entsprechenden Nachwuchs in dieser Qualität gab und gibt es nicht mehr.

Im Juni 1952 beginnt die Sendereihe „Mit dem RIAS ins Theater“, sie soll den Hörern in der Zone Westberliner Theaterinszenierungen mit den Mitteln des Radios nahebringen. Theaterleiter und Schauspieler zeigen im Interesse der Aufgabe großes Entgegenkommen. Friedrich Luft erläutert das szenische Geschehen. Die RIAS-Mikrofone stehen nun auch in der Freien Volksbühne, im Theater am Kurfürstendamm, in der Komödie, im Renaissance-Theater und im Schloßparktheater. „Mit dem RIAS ins Theater“ wurde ein ganz großer Erfolg.

Im Jahre 1970 begann der RIAS mit den Stereo-Produktionen. Zum Zeitpunkt des 25jährigen Bestehens des RIAS im Februar 1971 blickte die Hörspielabteilung auf 131 Ursendungen und 169 deutsche Erstsendungen zurück.

Im nächsten Teil dieser Serie wird von der hervorragenden und einmaligen Unterhaltung des RIAS die Rede sein, so zum Beispiel von den RIAS-Veranstaltungen in der Berliner Deutschlandhalle.

In den Anfangsjahren des RIAS wurde mit der sogenannten „Flasche“ als Mikrofon gearbeitet. Als Emblem sah man das RIAS-Logo. Foto: Neumann, Berlin.
In den späteren und letzten Jahren des RIAS wurde das moderne Neumann-Mikrofon eingesetzt. Foto: DeutschlandradioKultur, Bettina Strauch.

5. Teil: DIE UNVERGESSENE RADIO-STATION – die große Dokumentation von Peter Glowasz – Die Geschichte des RIAS Berlin – Das Unterhaltungs-Programm im RIAS war einzigartig … (Fotos: RIAS).

Das RIAS-Tanzorchester unter der Leitung von Werner Müller war das „Aushängeschild“ des RIAS-Unterhaltungs-Programms …
Werner Müller, der Dirigent und Leiter des RIAS-Tanzorchesters.
Rita Paul und Bully Buhlan waren die Stars der 50er und 60er Jahre und traten sehr oft bei RIAS-Veranstaltungen auf, so zum Beispiel im Titania-Palast bei den „Schlagern der Woche“.
… und die unvergessene Rita Paul.
Bully Buhlan auf einer RIAS-Veranstaltung.
Rita Paul und Bully Buhlan besangen viele Schallplatten – und traten in dem ersten großen Nachkriegs-Musikfilm „Heimweh nach Dir“ auf.
Das Filmprogramm „Heimweh nach Dir“ aus dem Jahr 1952. Zu sehen sind: Margot Hielscher, Peter Mosbacher, Peter Pasetti, Wolfgang Lukschy, Walter Gross und Wilfried Seyfert.

… und so sahen die Übertragungswagen (Ü-Wagen) des RIAS Berlin aus:

Wenn es um RIAS-Übertragungen von öffentlichen Veranstaltungen ging, war der sogenannte Ü-Wagen sehr oft unterwegs. Der Ü-Wagen besaß ein kleines Aufnahmestudio mit Bandmaschinen usw.
RIAS-Veranstaltungen fanden zum Beispiel im Titania-Palast („Schlager der Woche“), in der Deutschlandhalle und sehr oft in der Waldbühne („Lachende Waldbühne“) statt.
Bully Buhlan singt: „Lieber Leierkastenmann …“ – auf einer öffentlichen Veranstaltung „RIAS Lachende Waldbühne“. (Foto: RIAS).
„RIAS-Rundschau“ hieß eine tägliche Sendung; mit diesem Reporterwagen war RIAS in Berlin unterwegs, um über das Neueste zu berichten. (Alle Fotos: RIAS Berlin).
Und das ist der RIAS-Bus; er fuhr Mitarbeiter, RIAS-Gäste und Künstler zu den Veranstaltungsorten.
RIAS Berlin in der Kufsteiner Straße in Schöneberg; vor dem Gebäude die RIAS Ü-Wagen.

Und dann gab es die sogenannten RIAS-Werbe-Busse. Hier 3 dieser Busse:

(Alle Fotos: RIAS Berlin).

In der Berliner Deutschlandhalle gab es viele öffentliche RIAS-Veranstaltungen – so präsentierte RIAS auf der Bühne dieser Arena auch die berühmten „Schlager der Woche“ mit dem unvergessenen Fred Ignor.

Herbert Kundler schreibt: „… Die Akustiker und Tontechnker zauberten. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können, als die junge Catherina Valente zu leisen Gitarrenklängen ihren Welt-Hit ‚Malagenia‘ sang. Werner Müller spielte den Dobs Boogy und ‚Das machen nur die Beine von Dolores‘; von Bully Buhlan bis zu Gerhard Wendland gab sich die deutsche Schlagerwelt ein Stelldichein, garniert mit Gästen aller Couleurs und Zungenschläge …“ Welt-Stars waren beim RIAS Berlin zu Gast!

Auch in der Berliner Waldbühne gab es viele RIAS-Veranstaltungen – so auch das erste öffentliche Konzert des RIAS-Tanzorchesters unter Leitung von Werner Müller am 24. April 1949. Zum Erfolg des Orchesters trug vor allem das Gesangs-Duo Bully Buhlan und Rita Paul bei. Erster Producer des RTO war Ernst Verch, ihm folgte der Berliner Komponist Klaus Wüsthoff – und von Ende 1955 bis Ende 1987 hieß der Producer: Rüdiger Piesker; er war dann der Chef, der eine Fülle internationaler Gesangsinterpreten mit dem Orchester zusammenführte Zu einem frühen Höhepunkt seiner Producertätigkeit kam es, dass er 1960 den Auftrag erhielt, mit dem RIAS-Tanzorchester in großer Besetzung eine Marlene Dietrich-Schallplatte („Wiedersehen mit Marlene – Marlene Dietrich in Deutschland“ – Electrola) aufzunehmen. Produktionsort war die für einen erheblichen Teil der RIAS-Musikproduktion genutzte „Siemens-Villa“ in Berlin-Lankwitz; als musikalischen Leiter hatte Marlene Dietrich, die anläßlich dieses Berlin-Aufenthaltes im Titania-Palast auftrat, Burt Bacharach mitgebracht.

Die RIAS-Sendereihe „Schlager der Woche“ erblickte 1949 das Licht der Welt; unvergessen die RIAS-Sprecher Wolfgang Behrendt und Fred Ignor. Die Sendung „Schlager der Woche“ wurde oft aus dem Steglitzer Titania-Palast und später aus der Deutschlandhalle übertragen, z.B.: „600 Mal Schlager der Woche“. Ansonsten kamen diese Sendungen (immer montags und als Wiederholung freitags) aus dem RIAS-Studio in der Kufsteiner Straße 69.

Eine sehr beliebte RIAS-Sendung war „Mach-mit“; als „Rate-Sendung“ von Ivo Veit und Dr. Klaus Brock eingeführt, die es auf 140 Folgen brachte, ließ sich erstaunlicherweise auch von Zehntausenden von Besuchern im Riesenrund der Berliner Waldbühne realisieren. In einer Veranstaltung im März 1950 wurde das Lied „Auf Wiederseh’n“ uraufgeführt! Und im Mai 1951 hebt ein kleines Mädchen den Erfolgsschlager „Pack‘ die Badehose ein“ aus der Taufe; es war „Die kleine Cornelia“. (Cornelia Froboes).

Bei der 100. Veranstaltung von „Mach-mit“ am 1. Mai 1951 in der Waldbühne sprachen der 1. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschlands, Theodor Heuss und der Berliner Regierende Bürgermeister Ernst Reuter zu den 25.000 Besuchern, die hauptsächlich aus Ostberlin und der Ostzone kamen. Der Sender RIAS Berlin wurde von Tag zu Tag beliebter – und überall in Deutschland, ob West oder Ost, wurde RIAS gehört!

Plakat der beliebten RIAS-Sendung. (Foto: RIAS).
Die kleine Cornelia singt: „Pack‘ die Badehose ein … (Foto: RIAS).
Hier einige RIAS-Mitarbeiter …
Im RIAS-Studio – mit Mischpult und Tonbandmaschinen …
„Die Stimme der Kritik“ – Friedrich Luft – von Anfang an dabei.

Hier einige RIAS-Plakate:

Ab Oktober 1950 wurden die sogenannten „Familiensendungen“ des RIAS und auch später viele andere Sendungen eingeführt …

Am Anfang der Einführung der „Familiensendungen“ steht, im Oktober 1950, die Reihe „Familie Buchholz“, dann folgt „Pension Spreewitz“, Regie Ivo Veit. Dann, ebenfalls in der Regie von Ivo Veit: „Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin“, übrigens in der Bearbeitung von Onkel Tobias alias Fritz Genschow, später Werner E. Hintz. Es folgen noch viele weitere Familiensendungen, die große Erfolge des RIAS wurden.

Zu diesen vielen Sendungen stellt die Producerin Inge Siegel eine Verbindung mit den Hörern her, in dem sie an Nachmittagen in einem Gartenrestaurant an der Havel Veranstaltungen durchführte, so „Hier können Familien Kaffee kochen“ mit der Kapelle Otto Kermbach und dem kleinen Orchester Ingeborg von Streletzky. Später gab es die Sendungen „Maibowlen“ im Berliner Sportpalast; hier hatte der junge Udo Jürgens seinen ersten öffentlichen Auftritt.

Weitere Sendungen folgten: „Die RIAS-Kaffee-Tafel“ mit der Kapelle Wilfried Krüger und den Moderatoren Maria Ney und Kurt Pratsch-Kaufmann. Es folgte die Sendung „Bei Pfeiffers ist Ball“ mit Willi Rose.

Es gab viele öffentliche RIAS-Veranstaltungen, so z.B. „Mach mit“ mit Ivo Veit, “ Unter bunten Lampions“ mit den RIAS-Stars Rita Paul und Bully Buhlan, John Hendrik, Gerhard Wendland und vielen anderen. Nicht zu vergessen sind die „Schlager der Woche“ anfangs im Titania-Palast, später gesendet aus dem RIAS-Studio, dann die Veranstaltungen „Lachende Waldbühne“, mit dem Star Rudi Schuricke und viele andere …, dann die „Schlagerparaden“ in der Deutschlandhalle mit internationalen Schlager-Stars. Viele öffentliche Veranstaltungen folgten …

Seit Februar 1951 wurde die Krimi-Reihe „Es geschah in Berlin“ vom RIAS gesendet. Ein grandioser Erfolg! Die Serie von Werner Brink erzielte nahezu 500 Sendungen und die Einschaltquoten waren sensationell. Ebenso beliebt war die RIAS-Kriminalhörspiel-Reihe: „Professor van Dusen“. Es war die erfolgreichste Hörspiel-Serie im deutschsprachigen Raum! Friedrich W. Baumschulte sprach den Prof. Dr. Dr. Dr. van Dusen, genannt die „Denkmaschine“ und Klaus Herm sprach den Hutchison Hatch. Das Buch dazu schrieb Michael Koser. Im April 1986 wurde sogar der Van Dusen-Fan Club gegründet. DeutschlandradioKultur sendet heute noch Wiederholungen aus der großen erfolgreichen RIAS-Krimi-Serie. –

Beliebt waren auch die RIAS-Veranstaltungen im Berliner Tiergarten: „Musik im Tiergarten“. Es erklangen herrliche Melodien von Hans Carste und moderiert wurden diese Konzerte von Felix Knemöller, der zu den exzellenten Mitgliedern des RIAS-Sprecher-Teams gehörte; 76jährig verstarb Knemöller am 29. April 1993.

Gern erinnert man sich auch die RIAS-Vormittagssendung: „Die bunte Palette – Alltag heiter betrachtet“, die von Oktober 1949 bist September 1974 ausgestrahlt wurde; am Mikrofon waren Ilse Fürstenberg als „Müllerin“ mit ihren Partnern Gert Martienzen und Emil Suhrmann. 1969 schrieb die Berliner Morgenpost treffend in ihrer Sivesterausgabe: „Ein Kilo mütterliche Wärme, ein halber Löffel gesunder Menschenverstand, zwei Eßlöffel Emanzipation, eine Prise Berliner Schnauze – fertig ist die „Müllerin“.

Nun, zu erwähnen wäre noch die RIAS-Serie: „Kutte kennt sich aus“ – Wanderungen mit dem Heimatforscher Kurt Pomplun durch Berlin. Als Pomplun 1977 unerwartet starb, mußte die Reihe eingestellt werden.

Zur Zeit von RIAS Berlin gab es noch einen großen Höhepunkt: die Stadt Berlin feierte 750 Jahre Berlin an der Siegessäule vor über 20.000 Zuschauern.

Mit 800 Mitwirkenden gab es ein großes Stadtfest unter dem Motto: „Hoppla wir leben – die Goldenen Zwanziger“.

Diese „Sternstunde“ am Großen Stern wurde von RIAS Berlin am 8. August 1987 life übertragen. Das Buch dazu schrieb der RIAS-Intendant Herbert Kundler. Mitwirkende unter anderen waren: Milva, Harald Juhnke, Katja Ebstein, Romy Haag, Evelyn Künneke, Will Quadflieg, Carl Raddatz, Hellmut Lange, Helmut Zacharias und das RIAS-Tanzorchester unter Leitung von Horst Jankowsky und viele andere. –

Über viele, viele RIAS-Sendungen müsste noch geschrieben werden, doch aus Platzgründen konnten nur die wichtigsten hier erwähnt werden. Wir bitten dafür um Verständnis.

Liebe Besucherin, lieber Besucher dieser Webseite, wenn Sie noch etwas über den RIAS erzählen oder berichten können, dann schreiben Sie bitte an Peter Glowasz, Mail: peter_glowasz_verlag@yahoo.de – Gern würden wir, wenn Sie möchten, Ihren Beitrag auf dieser Webseite veröffentlichen.

Und hier eine besondere Nostalgie-Überraschung:
Ein letztes Wiederhören
mit
Fred Ignor,
dem legendären, unvergessenen Moderator
von
RIAS Berlin: „Schlager der Woche“.
Wer den RIAS regelmäßig hörte, weiß natürlich auch wer Fred Ignor ist: nämlich der bekannte und beliebte Radio-Sprecher mit der sympathischen, klassischen Radiostimme.
Fred Ignor moderierte 15 Jahre lang die RIAS-Erfolgssendung „Schlager der Woche“ und zahlreiche weitere Unterhaltungssendungen des RIAS.
Fred Ignors letzte Schlagersendung „Als die Hits noch Schlager waren“, sozusagen sein Abschied von den „Schlager der Woche“-Fans, wurde am 29. August 1982 vom RIAS ausgestrahlt.
Und hier ist noch einmal diese letzte Sendung mit Fred Ignor zu hören; er präsentierte eine Auswahl der erfolgreichsten Schlager der 50er bis 70er Jahre – von Rudi Schuricke bis zu den Beatles.

Der RIAS-Moderator Fred Ignor starb am 24. Oktober 1999 in Berlin. Schon am 31. Dezember 1993 um Mitternacht wurde die Sendetätigkeit des RIAS nach über 40 Jahren eingestellt. Ein Stück deutsches Kulturgut wurde zu Grabe getragen. Die Menschen trauerten.
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Die Berliner Morgenpost veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 28. Dezember 2013, Seite 11, einen umfangreichen Artikel von Peter Glowasz. Der Schriftsteller erinnert an große Moderatoren des RIAS Berlin: „Als die freie Stimme verstummte – vor 20 Jahren hörte der RIAS Berlin auf zu senden“.

Der Artikel von Peter Glowasz in der Berliner Morgenpost vom 28.12,2013.

Das Ende von RIAS Berlin – Trauer bei Mitarbeitern und Hörern …

Das Ende von RIAS Berlin wurde eingeleitet mit dem Mauerfall am 9. November 1989, obwohl das in jenen ereignisreichen Tagen wohl kaum jemand bewusst war. Im Sommer 1990 begannen Politiker sich erste Gedanken über die Zukunft des Senders zu machen und von „Abwicklung“ zu sprechen, da für das „Radio im Amerikanischen Sektor“ mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit kein Platz mehr war. Am 3. Oktober 1990, mit der offiziellen Wiedervereinigung Deutschlands, endete die amerikanische Oberhoheit. Ein Übergangsvertrag trat in Kraft. Im Mai 1992 übernahm die Deutsche Welle RIAS TV, das heute Deutsche Welle TV heißt und weiterhin aus Berlin als deutsches Auslandsfernsehen sendet. Am 25. Juni 1992 beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder, RIAS 1, DeutschlandFunk und DS-Kultur in einen nationalen Hörfunk zu überführen. RIAS 2 wurde ausdrücklich davon ausgenommen und sendet seit dem 1. Juni 1992 als der Berliner Privatsender R.S. 2, der sich ausschließlich durch Werbung fianziert. Im Dezember 1993 unterschrieben die Vertreter Thüringens als Letzte den Staatsvertrag über DeutschlandRadio, das heute mit zwei Programmen aus Berlin (DeutschlandradioKultur) und Köln (DeutschlandFunk) zu hören ist.

RIAS Berlin, die freie Stimme der freien Welt, verstummte für immer am 31. Dezember 1993 um Mitternacht. Ein Trauertag für alle Mitarbeiter im Sender. Ebenfalls trauerten unzählige Menschen in ganz Deutschland, die über 40 Jahre treue Hörer von RIAS Berlin waren. Auch der Autor dieser Serie war mit dem RIAS eng verwachsen, schon als Jugendlicher hörte er stets den RIAS. Bis zum heutigen Tage bedauern es die Radiofreunde sehr, dass es den Sender nicht mehr gibt.

Am 1. Januar 1994 trat das Berliner Programm des DeutschlandRadios die Nachfolge von RIAS Berlin an, produziert weiterhin im traditionsreichen RIAS-Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz, auf dessen Dach das denkmalgeschützte RIAS Logozeichen weithin sichtbar ist.

Erfreulich ist, das DeutschlandradioKultur des öfteren RIAS-Sendungen ausstrahlt, so zum Beispiel in der Sendereihe: „Aus den Archiven“. Diese Sendereihe erinnert an unvergessliche RIAS-Radiolegenden, so zum Beispiel an Hans Rosenthal, „Onkel Tobias“ alias Fritz Genschow, Felix Knemöller und viele andere.

In den letzten Minuten vor RIAS-Sendeschluss am 31. Dezember 1993 um 23,55 Uhr sagte der letzte Programmdirektor von RIAS Berlin, Siegfried Buschschlüter:

„Lieber RIAS! Wie oft habe ich in den letzten Wochen und Monaten diese vertraute Anrede gelesen, in vielen, vielen Hörerbriefen. Wie oft folgte dieser Anrede eine ganze Lebensgeschichte. Immer wieder tauchte da ein Wort auf, das das besondere Verhältnis zwischen diesem Sender und seinen Hörern beschreibt: „Der RIAS hat unser Leben lang begleitet, in schweren wie in heiteren Stunden.

Viele RIAS-Hörer sind mit ihrem Sender gross geworden, er ist ein Teil ihres Lebens, er gehört ganz einfach dazu. Kann man ihnen, will man uns verdenken, dass wir dem Abschied des RIAS mit Wehmut entgegensehen? Der Name weckt Erinnerungen, und der Name RIAS war immer mehr als eine Abkürzung, wohlklingender als die Buchstabenfolgen, die anderen Stationen als Senderkürzeln dienen. Rias wurde schon lange nicht mehr buchstabiert.

Der Rundfunk im amerikanischen Sektor, der am 7. Februar 1946 als Drahtfunk, als DIAS, seinen Sendebetrieb aufnahm, war im Raum Berlin der erste freie, unzensierte Rundfunksender seit 1933. Als „eine freie Stimme der freien Welt“ wurde der RIAS mit seinen politischen, kulturellen und Unterhaltungssendungen schnell zu einem festen Begriff, zu einem Symbol der amerikanischen Garantie für die Sicherheit und Lebensfähigkeit West Berlins.

Als die Berliner ausgehungert werden sollten, wurde der RIAS zum moralischen Blockadebrecher. Noch heute erinnern sich ältere Berliner an die Zeit, als der RIAS die Bevölkerung bei Stromsperre über Lautsprecherwagen mit den wichtigsten Nachrichten versorgte.

Als der Würgegriff der kommunistischen Machthaber auf den Lebenswillen der Berliner immer stärker wurde, bot der RIAS die Insulaner auf. Ihrem Mutterwitz und ihrer Schlagfertigkeit war die andere Seite hoffnungslos unterlegen. Gegen Günter Neumanns kabarettistische Treffsicherheit konnte plumpe Propaganda wenig ausrichten. Dabei sprachen die Insulaner alle Themen an, die den Berlinern auf der Seele lagen, artikulierten in ihrer unnachahmlichen Art die Sorgen und Nöte der Menschen, ihre Hoffnungen und Wünsche. Als der Insulaner noch unbeirrt hoffte, dass seine Insel eines Tages wieder Anschluss an das Festland gewinnen würde, vermittelte Friedrich Luft seinen Hörern – und sie waren Legionen – auf seine Art den Duft des Theaterlebens, stets bemüht, über die Bretter der Welt auch ihren Lauf zu deuten. Nie zuvor und nie danach war Theater im Radio so lebendig, so anschaulich. „Gleiche Stelle, gleiche Welle“ – 45 Jahre lang Meisterwerke der Kritik.

Zu einer Zeit, als das Fernsehen noch nicht übermächtig war, verstand es Hans Rosenthal mit einfachen Mitteln, aber mit viel Herz, Charme und natürlicher Bescheidenheit, die Menschen von den Sorgen des Alltags abzulenken, sie ganz einfach gut zu unterhalten.

Wenn Dein Nachfolger, lieber RIAS, es macht wie Du, wenn er sich kümmert um das, was die Menschen bewegt, wenn er sich müht um das, was sie verbindet, muss es uns um seine Zukunft nicht bang sein.

Zuversicht und Wehmut, mit diesen Gefühlen stehen wir an der Jahreswende. Zuversichtlich, dass das Beste von RIAS und DS Kultur in DeutschlandRadio Berlin erhalten bleibt, wehmütig, weil in wenigen Minuten ein halbes Jahrhundert Rundfunkgeschichte zu Ende geht.

Du hast Deinen Rang in der Zeitgeschichte;
den kann Dir niemand nehmen.

Du hast Deinen Platz im Herzen der Menschen;
da kann Dich keiner verdrängen.

Mach’s gut, lieber Freund!
Bye bye RIAS, bye bye.“

(Texte und Fotos wurden teilweise dem hervorragenden Buch von Herbert Kundler: „Eine Radio-Station in einer geteilten Stadt“ entnommen. Weitere Quellen: Dietrich von Thadden: „RIAS Berlin – Die Geschichte einer außergewöhnlichen Radiostation“ / Living in a City – Reports aus Berlin: „Erinnerungen an RIAS Berlin – Eine freie Stimme der freien Welt“.)

Am Schluss dieser Dokumentation von Peter Glowasz
ist hier ein kurzgefasster tönender Rückblick der Geschichte des legendären RIAS zu hören.

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Herzliche Grüsse
an alle
ehemaligen treuen RIAS-Hörer.
Euer
Nostalgie Radio aus Berlin.